Was ist eigentlich Achtsamkeit?

Achtsamkeit bedeutet, so aufmerksam und so bewusst wie möglich den gegenwärtigen Moment, das JETZT, wahr zu nehmen und in ihm zu verweilen, mit einer wertneutralen, offenen und annehmende Haltung gegenüber allem, was von Moment zu Moment passiert. Es ist eine sehr friedfertige Herangehensweise. Achtsamkeit hilft, unser Leben heilsamer zu gestalten, Wege zu finden, achtsamer mit unseren Ressourcen umzugehen, authentischer zu kommunizieren, uns und andere besser zu verstehen und Lösungen zu finden, die uns alle wirklich weiterbringen und fördern.

Achtsamkeit ist sehr universell einsetzbar. Allerdings reicht es nicht, Bücher über Achtsamkeit zu lesen. Achtsamkeit lebt vom selber (er-)leben, vom praktizieren, vom üben und ausprobieren im Alltag. Es braucht den steten Wechsel von Literatur-Studium und Übung im Alltag, so wird sich die Achtsamkeitspraxis nach und nach vertiefen und alle Ihre Qualitäten freilegen. Ein spannender Weg, der das Leben grundlegend verändert.

Freitag, 30. Mai 2008

Die Arbeit mit einem Lehrer

Wer sich auf den spirituellen Pfad begibt, kommt nicht umhin sich einen Lehrer zu suchen. Für viele ist allerdings nicht klar, warum und was Lehrer in diesem Zusammenhang bedeutet. Bevor wir uns einen Lehrer suchen, sollten wir sehr mißtrauisch darüber sein, warum wir dies tun. Wonach suchen wir wirklich? Brauchen wir eine Bestätigung unserer Person und dass wir bisher vielleicht alles richtig gemacht haben? Oder haben wir wirkliches Interesse an uns und mit den Dingen zu arbeiten? Mit einem Lehrer zusammen zu arbeiten ist nicht immer angenehm. Die Funktion des Lehrers ist es nämlich, uns auf unsere Punkte aufmerksam zu machen, um die wir für gewöhnlich rumeiern. Der Lehrer legt genau dort seinen Finger drauf und das macht nicht immer Spaß. Manchmal werden wir wütend, wollen gelobt werden, weil wir doch schon so weit gekommen sind und sooo gut üben. Das interessiert den Lehrer aber gar nicht. Ihn oder sie interessiert nur, dass wir unsere Punkte erkennen, die wir lieber nicht sehen wollen. Warum? Genau in diesen Punkten steckt unser Potential, uns weiter zu entwickeln. So wie der Lotus den Modder braucht, um zu gedeihen, so brauchen wir unseren eigenen Mist, um uns zu entwickeln. Wenn wir den nicht erkennen, können wir noch nicht einmal die Knospe eines Gänseblümchens entwickeln.

Wenn wir uns auf die Suche nach einem Lehrer machen, kann es sein, dass wir glauben, dass nur ein voll erleuchtetes Wesen für uns in Frage kommt. Ein Wesen, was in seiner Autorität großes Ansehen besitzt. Diesem Impuls liegt meist die Motivation zu Grunde, sich mit dieser Autorität zu schmücken, jedoch eine fruchtbare Arbeitsbeziehung kann hier nicht entstehen. Warum?

Trungpa Rinpoche hat sehr treffend über die Arbeit mit dem Lehrer geschrieben: Angemessene Vermittlung erfordert enge Freundschaft, direkten Kontakt mit dem spirituellen Freund. Wenn wir den Lehrer als jemanden sehen, der höheres, überlegenes Wissen besitzt, der größer als wir ist, der so außerordentlich mitfühlend ist, uns wirklich seine Aufmerksamkeit zu schenken, dann wird die Übertragung verhindert. Wenn wir das Gefühl haben, ein mickriges kleines Wesen zu sein, dem ein gildener Becher gereicht wird, dann werden wir von dem Geschenk überwältigt und wissen nicht, was wir damit anfangen sollen. Unser Geschenk wird zu einer Last, weil unsere Beziehung mißlich und bedrückend ist.

Im Falle einer echten Freundschaft zwischen Lehrer und Schüler gibt es eine direkte und vollständige Kommunikation, welche "die Begegnung der beiden Herzen" genannt wird. Der Lehrer öffnet sich und du öffnest dich; ihr befindet euch beide im gleichen Raum, Damit du in umfassender Weise Freundschaft mit dem Lehrer schließen kannst, muss er wissen, was du bist und wie du bist. Dies zu enthüllen, bedeutet, sich hinzugeben. Du sollst dich nicht darüber schämen, wenn deine Bewegungen ungeschickt oder deine Hände schmutzing sind, wenn du ihm die Hand gibst. Bringe dich einfach so ein, wie du bist. Sich überlassen bedeutet, unserem Freund ein vollständiges psychologisches Abbild von uns selbst zu geben, unsere sämtlichen negativen, neurotischen Züge inbegriffen. Der springende Punkt bei der Begegnung mit dem Lehrer besteht nicht darin, ihn zu beeindrucken, so dass er uns etwas geben wird, sondern das Entscheidende ist, das vorzuführen, was wir sind. Das ähnelt der Beziehung zwischen Arzt und Patient. Wir müssen unserem Arzt erzählen, was mit uns nicht stimmt, welche Symptome wir haben. Wenn wir ihm alle unsere Krankheitsmerkmale berichten, dann kann er uns soviel wie möglich helfen. Wenn wir dagegen versuchen, unsere Krankheit zu verbergen und ihn damit zu beeindrucken, wie gesund wir sind, wie wenig Beachtung wir brauchen, dann werden wir natürlich nicht viel Hilfe erhalten. Die Hingabe entstehen zu lassen, bedeutet daher, das zu sein, was wir sind, uns selbst mit einem spirituellen Freund zu teilen.